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BOSSE SUDENBURG
Copyright Bosse Sudenburg Copyright Bosse Sudenburg
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Perfekt verarbeitete, häufig reflektierende Oberflächen kennzeichnen Bosse Sudenburgs überwiegend in reduziertem Schwarzweiß gehaltene Arbeiten. Spiegel dienen dem Display von Objekten oder als ‚Malgrund‘ und erzeugen so Mehrfachansichten wie die Überblendung von Kunstwerk und Betrachtersituation. In unterschiedlichen Medien wie Video, Skulptur und Zeichnung greift Sudenburg das Spiel mit Dopplungen sowie der Variation bestimmter Formen und sprachlicher Elemente auf. So entstehen beispielsweise unzertrennliche Paare oder Serien von Objekten, die stets nach denselben künstlerischen Verfahren produziert wurden, zugleich aber gerade über ihre oft nur minimal von einander variierender Teile auf die Differenzen zwischen ihnen aufmerksam machen. Die zweiteiligen, bis auf ihre Beschriftung jeweils identischen Neonleuchtkästen If/ then oder No Where/ Now Here etwa stiften an zu einem Überdenken gemeinhin akzeptierten Kausalitäten, ohne dabei eine bestimmte Richtung der Beziehung von Ursache und Wirkung vorzugeben. Die Bedeutung des einen Teils generiert sich erst durch sein jeweiliges Pendant und zugleich in bewusster Abgrenzung von diesem. Doch was jeweils Ursache und was Wirkung ist, bleibt offen.

Auf die potentielle Hierarchie solcher dualistischen Strukturen weist die wiederum zweiteilige Arbeit Die Erhebung in ihren in unterschiedlichen Materialien ausgeführten Variationen ‚Geist über Körper‘, ‚Inhalt über Form‘ oder ‚Takt über Rhythmus‘ hin. Auch hier stellt sich die Frage nach der Beziehungsstruktur der einzelnen Elemente und damit danach, was sich über was erhebt. Die maschinell produzierten, simplen Hohlkörper werden zwar auf verschiedenen Höhen präsentiert, doch lassen sich die titelgebenden Begriffe nicht eindeutig zuordnen und die einzelnen, nahezu identischen Teile verweigern sich etwaigen Assoziationen.
Dieser sich hier eröffnende, den Betrachter involvierende Zwischenraum ist es, der den Anstoß zur Reflexion bietet und die Arbeiten von Bosse Sudenburg über ihre betonte Oberflächigkeit und technische Exaktheit hinausgehen lassen. Während etwa in der Spiegelarbeit No 2nd Thoughts der Betrachter ganz buchstäblich sein eigenes Gegenüber erblickt, wird uns hier eher metaphorisch einen Spiegel vor Augen gehalten. So sind wir gefordert, unser eigenes Werte- und Urteilssystem bewusst auf das Objekt unserer Betrachtung anzuwenden und nicht zuletzt darüber unser Verständnis von Kunst erneut ins Bewusstsein zu rufen.

Der Blick in den Spiegel ist bei Sudenburg insofern immer auch ein Blick auf den Stand zeitgenössischer, künstlerischer Praktiken und die heutige Rolle des Künstlers. Wie sehr lassen sich künstlerische Ambitionen bei der Produktion von Kunst ausblenden, scheinen die Arbeiten konstant zu fragen – und wie stark kann sich ein Künstler heutzutage einer bewussten Mythisierung oder eines betont individuellen Stils entziehen, ohne an Anerkennung zu verlieren?


Text von Fiona McGovern | Differenz durch Dopplung
Für die Kunsthistorische Online-Zeitschrift Fachzeitschrift kunsttexte.de 02/2010,
Herausgeber: Christiane Kant

   
 

Copyright: Bosse Sudenburg